Unter den erhaltenen Stammbüchern nehmen die Studentenstammbücher der Zahl nach einen der ersten Plätze ein. Wie die Gelehrtenstammbücher entstanden sie gegen Mitte des 16. Jahrhunderts an den Universitäten, und der Brauch blieb bis zum 19. Jahrhundert bestehen.

In Form und Funktion lehnten sie sich an die Gelehrtenstammbücher an, um ein Netzwerk zwischen den Vertretern derselben Fachrichtungen für das spätere Berufsleben der Besitzer aufzubauen. Zugleich aber entwickelten die Alben ihren ganz eigenen Charakter eines Erinnerungsbuches an die viel gepriesene – vermeintlich – sorgenfreie Zeit des Studiums als schönste Epoche des Lebens.

Das studentische Leben spiegelt sich in den Einträgen wider, deren Schreiber von den Familienmitgliedern und den Wirtsleuten der Studenten bis zu den Professoren und natürlich den Kommilitonen reichten. Resultat war eine stilistische, auch sozial und geographisch heterogene Vielfalt der Beiträge. In diesen wechseln sich oft ernsthafte Ermahnungen und Wünsche seitens der Eltern, Paten und Lehrer mit den nicht ganz so ernst gemeinten Lebensregeln der Mitstudenten ab. Oder das Prahlen mit der eigenen Gelehrsamkeit steht neben der wortreichen, mehr oder weniger ironischen Klage über den Mangel an Fähigkeiten. Dabei werden möglichst oft Zitate bemüht wie z.B. von Martin Opitz „Wer Gott das Hertze giebet…“, das auch Eingang in verschiedene evangelische Gesangbücher fand: „Ich lege neidt und haßen / Bestendig unter mich, / Und stelle thun und laßen, / O Gott allein auff dich, / du wirst es alles machen, / Thun was mein Hertze will, Weill seine rechte sachen, / Sehn auf ein gutes Ziell“ (zitiert nach Cod. Stammbuch 39, Bl. 290r).

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Cod. Stammbuch 39, Bl. 289v: Stammbuch des Hamburgers Heinrich Meyer (1614-1645)

Ergänzt werden die schriftlichen Beiträge gern durch bildliche Beigaben, die vom 16. bis zum 18. Jahrhundert meist von professionellen Malern, die sich auf Kleinformate und Illustrationen spezialisiert hatten, gefertigt wurden. Diese konnten thematisch individuell bestellt werden und damit konkreten Bezug auf die Situation von Einträger und/oder Buchbesitzer nehmen, waren in den meisten Fällen aber in Serienproduktion angebotene Motive, die das gesellige studentische Leben als ununterbrochene Folge von Vergnügungen präsentierten (vgl. Abb.)

Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts bestimmten dann die in Kupfer gestochenen oder lithographierten Veduten der bei den Studenten beliebten Treffpunkte und der Sehenswürdigkeiten der Universitätsstädte das Bildrepertoire, zusammen mit der neuen Mode der Porträtsilhouette des Studenten in den Farben der jeweiligen Verbindung.