Hamburg und auch seine frühere dänische Nachbarstadt Altona waren im 18. Jahrhundert bedeutende Zentren der deutschen Aufklärung mit einer reichen Verlags- und Publikationslandschaft. Vor allem Hamburg sollte sich zu einem der wichtigsten Verlagsorte in Deutschland entwickeln. Die verschiedenen Strömungen dieser Epoche (z. B. Rokoko, Empfindsamkeit, Patriotismus), Glaubenskämpfe (z. B. Deismus vs. Pietismus) und schließlich die Kriege spiegeln sich in den zeitgenössischen Werken wider, die vor allem über Schenkungen und Nachlässe in großer Zahl Eingang in die Sammlungen der damaligen Stadtbibliothek als Vorgängerinstitution der SUB gefunden haben.

Die Bestände der Neueren Philologien, darunter die der Germanistik, gehören zu den wenigen, vor den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs geretteten Altbeständen der Bibliothek. Daneben konnten sich aus zahlreichen Nachlassbibliotheken umfangreiche Bestände des 18. Jahrhunderts bis heute erhalten. Zu den bedeutendsten zählt dabei ein Teilbestand der Bibliothek des Berliner Verlegers und Aufklärers Friedrich Nicolai (1733–1811), der über ein Geschenk seines Enkels Gustav Parthey (1798–1872) in die Stadtbibliothek gekommen ist.

Weitere wertvolle Zeugnisse dieser Epoche sind die ebenfalls in der SUB aufbewahrten literarischen Nachlässe von Samuel Heinrich Reimarus (1694–1768), Friedrich von Hagedorn (1708–1754), Friedrich Gottlieb Klopstock (1724–1803) und Matthias Claudius (1740–1815). Gerade die drei letztgenannten gehören zu den beliebten Autoren, die schon zu Lebzeiten in Stammbüchern gerne zitiert wurden.

Stammbücher aus dieser Zeit spiegeln nicht nur das Beziehungsgeflecht gleichgesinnter Menschen wider, sondern auch die Entwicklung des einst vor allem Männern vorbehaltenen Brauchs, sich ein Erinnerungsbuch ihrer Bekannten von Reisen und Studium zu schaffen, zu jetzt meist als Freundschaftsdenkmale betitelten Alben. Diese wurden sowohl jungen Männern weiterhin vor ihrem Weggang zur weiteren Ausbildung oder aber nun auch jungen Frauen geschenkt, damit sich ihre Verwandten und Freundinnen wie auch Freunde der Familie darin verewigen konnten.

Das Album der Charlotte Alberti (1764–1842), die 1780 im Alter von 16 Jahren ihr Stammbuch anlegte, bildet die Tischgesellschaften ihrer gut vom literarischen und aufklärerischen Kreis um Klopstock besuchten Familie ab, den wir auch in dem Album des Hamburger Kaufmanns Otto von Axen (1757–1831) wiederfinden.

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"Denkmal der Freundschaft" gezeichnet von Otto von Axen als Titelbild für sein Stammbuch

Klopstocks literarischer Einfluss reichte weit über die Stadtgrenzen hinaus. Er gilt als Vertreter der Empfindsamkeit und Wegbereiter für die Bewegung des Sturm und Drang. Beeindruckendes Beispiel dafür ist der am 12. September 1772 ins Leben gerufene Göttinger Hainbund, ein Dichterkreis des Sturm und Drang, dessen Leitfigur Klopstock war. Sein Lehrgedicht „Der Hügel und der Hain“ (1767) hatte der Vereinigung Namen und Motto wie auch ein Programm für deren lyrisches Schaffen gegeben. Aus dieser Zeit stammt das Stammbuch des Göttinger Jurastudenten Karl Gotthilf Hahn, in das sich auch der Mitbegründer Johann Heinrich Voß (1751–1826) etwa ein Jahr nach der Gründung einschrieb.