Emblembücher wie diese Ausgabe von Paradins Symbola Heroica (Antwerpen 1583), die durchschossen bzw. mit leeren Seiten versehen sind, wurden häufig als Stammbuch benutzt.

Der norddeutsche Adlige Hermeling sammelte darin von seinem letzten Schuljahr 1587 in Verden bis zum Ende seiner Studienreise (peregrinatio academica) von Rostock über Basel nach Italien 93 Einträge seiner Freunde und Verwandten sowie namhafter Gelehrter. Sie offenbaren den weiten humanistischen Hintergrund des Studenten  und Kontakte u.a. zu Johannes Caselius, Nathan Chytraeus, Tilemanus Heshusius, Christoph Petzel, Theodorus Beza.

In der ersten Hälfte finden sich beinahe alle Personen von Rang und Namen aus den besuchten Städten, in der zweiten Hälfte dagegen fast alle Mitstudenten mit nahezu dreimal so vielen Einträgen.

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SUB Hamburg, Cod. in scrinio 196b, Bl. 75v, gegenüber S. 135

Auf ein inniges Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler lässt der moralische Ratschläge für die Lebensführung erteilende Eintrag des Rostocker Professors Nathan Chytraeus (1543–1598) schließen, ein Bruder des Reformators David; Rostock, 5.1.1590.

Augustinus.
Iuvenis sum, inquit aliquis, faciam illud quod me delectat, postea agam poenitentiam. Idem est ac si dicers, percutiam me gladio, postea confugiam ad medicum. Heu nescis, unius horae puncto vulnus accipitur, quod vix longo tempore ad sanitatem reducitur.

Per te potes peccare, per te resurgere nequis.

Huius sanctissimi viri sanctae et salutaris admonitionis ut in his lubricis cereae adolescentiae viis perpetuo memor esses, Nobilis[sime], erudite, et mihi cariss[ime D[omine] compater, henricarolacae Hermlingi, mea illam manu tuo huic libello inscripsero eamque de nota meliora tibi volui commendare. Quod factum est Rostochii, Nonis Januarii, Anno 90. Nathan Chytraeus

(Augustinus. Ich bin ein Jüngling, sagte einer, ich werde das machen, was mir Spaß macht, später werde ich dann Reue üben. Das ist dasselbe als wenn Du sagtest, ich werde mich mit einem Schwert durchbohren und mich später zu einem Arzt flüchten. Wehe, du weißt nicht, dass im Moment einer einzigen Stunde eine Wunde empfangen wird, die in langer Zeit kaum wieder heilt. – Du kannst durch dich sündigen, aber du kannst nicht durch dich wieder auferstehen. – Damit du dich dauernd an diese heilige und heilsame Ermahnung des hochheiligen Mannes auf den schlüpfrigen Wegen der wachsweichen Jugend erinnerst, du hochedler, gelehrter und mir liebster Herr Gevatter Heinrich Carlhack Hermeling, schrieb ich sie mit meiner Hand in dieses Büchlein von dir und wollte sie dir mit besonderem Nachdruck empfehlen. Dies ist geschehen in Rostock am 5. Januar im Jahr 1590. Nathan Chytraeus.)

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