Provenienzforschung an der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg
Provenienzforschung, also die Beschäftigung mit der Herkunft von Büchern oder Objekten, ist seit jeher Teil des Alltags in Bibliotheken und Museen: Wie kamen die Werke ins Haus? Wem haben sie zuvor gehört? Was ist ihre Geschichte? Gegenwärtig konzentrieren sich deutsche Institutionen dabei meist auf Zugänge aus der Zeit des Nationalsozialismus, der SBZ/DDR oder aus kolonialen Kontexten. Grundlage der Forschung zu NS-Raubgut ist die Washingtoner Erklärung von 1998, in der sich 44 Staaten dazu verpflichteten, NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut in öffentlichen Einrichtungen zu identifizieren und zurückzugeben. Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste fördert gezielt solche Recherchen, darunter auch das bis 2024 laufende Projekt der SUB zu den Sondersammlungen.
Zwischen 1933 und 1945 profitierte die Bibliothek von den Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes. Die Geheime Staatspolizei „schenkte“ ihr Zehntausende beschlagnahmter Bücher vor allem aus jüdischen Haushalten. Viele NS-Verfolgte waren gezwungen, aus Not wertvolle Materialien zu verkaufen. Das daraus folgende Angebot im Handel ermöglichte der Bibliothek günstige Erwerbungen.
Seit 2006 suchen wir in der SUB Hamburg systematisch nach solchen Werken in den Beständen. Die Arbeitsstelle Provenienzforschung - NS-Raubgut überprüft verdächtige Zugänge, sucht nach Angehörigen früherer Eigentümer:innen und organisiert Restitutionen. Mit dieser aktiven Provenienzforschung stellen wir uns der Verantwortung, die uns aus der eigenen Geschichte erwächst.