Entzug der Existenzgrundlage: Meier Spanier
Im Mai 1941 erscheint ein besonderer Katalog des Antiquariats Stargardt, der ausschließlich Autographen der Dichter Detlev von Liliencron, Gustav Falke und Richard Dehmel enthält. Die Bibliothek kauft das komplette Konvolut, um die eigene Sammlung zu ergänzen. Der Katalog nennt zwar nicht den Vorbesitzer, aber die Beschreibungen sind deutlich: Es ist der jüdische Pädagoge und Schriftsteller Dr. Meier Spanier (1869-1942), der um 1900 in Hamburg gelebt hat und mit den genannten Dichtern gut bekannt war.
Der renommierte Gelehrte und seine Frau Charlotte befinden sich Anfang der 1940er Jahre in einer existenziellen Notlage. Alle Bemühungen um Emigration sind gescheitert. Im Mai 1941 müssen sie ihre langjährige Berliner Wohnung mit großer Bibliothek verlassen und in ein Zimmer zur Untermiete umziehen. Nach Publikationsverbot, Pensionskürzung und Schließung aller jüdischen Schulen hat Meier Spanier keine Einnahmequellen mehr. In dieser Zeit kommen seine Autographen auf den Markt, Briefe der Hamburger Dichter an ihren Freund und Kollegen. Der Besitzwechsel im Zuge des Zwangsumzugs fußt auf einem Notverkauf oder einer Beschlagnahme, die Autographen in der SUB stellen damit NS-Raubgut dar.
Im September 1942, nach einem zweiten Umzug, nehmen sich Charlotte und Meier Spanier angesichts ihrer drohenden Deportation das Leben. Sie werden auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee beigesetzt, wie Hunderte andere als Juden verfolgte Menschen, die in verzweifelter Lage ihrem Leben ein Ende gesetzt haben.